Hoher politischer Besuch am Friedrich-List-Gymnasium Gemünden: Bernd Rützel, Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Deutschen Bundestag, kam für eine Gesprächsrunde mit Schülerinnen und Schülern der 10. Jahrgangsstufe ans FLG. Er redete mit ihnen über Höhen und Tiefen des politischen Engagements, Gefahren des Populismus – und übers Holzhacken.
Wenn Bernd Rützel über wichtige Themen spricht, dann spricht der ganze Körper mit: Der 55-Jährige veranschaulicht Zusammenhänge mit den Armen, unterstreicht Aussagen mit den Augen und stampft auch mal auf den Boden, wenn er einer Warnung Nachdruck verleihen möchte. Mit dieser Dynamik nahm Rützel den voll besetzten Mediensaal am FLG ganz ein, als er sich mit Zehntklässlern im Vorfeld ihres Bundestagsbesuchs bei der bevorstehenden Berlinfahrt traf.
FLG, Hallenbad und Lieferkettengesetz als Herzensanliegen
Nachdem Schulleiter Ingo Schneider sich bei ihm dafür bedankt hatte, sich trotz aller Bundestagsverpflichtungen wertvolle Zeit für das FLG zu nehmen, kam der in Schaippach wohnhafte Politiker dann auch gleich auf das Thema Zeit zu sprechen: „Es gibt viele Projekte in der Politik, da muss man jahrelang hart arbeiten, bis du endlich Ergebnisse siehst.“ Als Beispiele nannte er seinen Einsatz für eine Generalsanierung des Gemündener Hallenbads durch die Gründung eines Fördervereins, den Kampf für den Erhalt des FLG im Gemündener Stadtrat oder sein hartnäckiges Werben für das Lieferkettengesetz im Deutschen Bundestag.
Dass diese drei Herzensanliegen am Ende von Erfolg gekrönt waren, ist für ihn der Beweis: „Politisches Engagement ist anstrengend, aber es lohnt sich.“ Den Gang in die Politik habe er trotz vieler 80-Stunden-Arbeitswochen daher nie bereut, wie er auf Nachfrage aus dem Plenum erklärte. Mit seinem Hobby als Ausgleich zum Politikeralltag überraschte er dann viele – für einen Tapetenwechsel zieht es Rützel oft in den Wald zum Holzhacken: „Man spürt jeden Muskel im Körper, bekommt den Kopf frei und sieht sofort, was man geleistet hat.“
Austausch auf Augenhöhe
Im Gegensatz zu manch anderem Arbeitstermin konnte Rützel aber auch beim Gespräch am FLG sofort ein Ergebnis seiner Mühen sehen – weil die Schülerinnen und Schüler merkten, dass hier jemand für seine Arbeit brennt, sprang der Funke über. Auch dass Rützel sich mit den Zehntklässlern bei Diskussionen über die für ihn besorgniserregende Europawahl oder über faire Schüler-Fahrkartenkonzepte auf Augenhöhe bewegte, kam bei den Jugendlichen gut an: „Er wusste, wie man mit Schülern in unserem Alter reden muss, damit auch wirklich was ankommt“, befand etwa Finn Groetsch (16) aus Ruppertshütten: „Wir haben viel gelernt, weil er die Inhalte oft auch mal locker verpackt hat.“ Emily Haas (16) aus Burgsinn hatte ebenfalls einen positiven Eindruck: „Er hat uns gezeigt, dass er wirklich einen Bezug zu seiner Heimat hat und dass er sich für uns Jugendliche hier interessiert.“
Dies unterstrich Rützel auch dadurch, dass er seine geplante Besuchszeit kurzerhand verlängerte, um ein für ihn besonders wichtiges Thema zu vertiefen: Halbwahrheiten oder gar Falschmeldungen in sozialen Medien, die gezielt zur Stimmungsmache verbreitet werden. Zudem warnte er vor populistischen Parolen, die in einer komplizierten Welt vermeintlich einfache Antworten versprechen. „Hinterfragt alles, was ihr lest und seht, kritisch“, lautete daher Rützels Schlusswort: „Und behaltet euren moralischen Kompass immer im Blick.“
Text und Foto: Julius Mayer (FLG)